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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.05.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 2088/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 611
BGB § 612 a
Ausschluss von Gratifikationsleistung bei verweigerter Vertragsänderung.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 17.05.2005 - 3 (2) Ca 252/05 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte zum einen auf Zahlung von Lohndifferenzen für den Zeitraum August 2004 bis einschließlich Januar 2005 mit der Begründung in Anspruch, sie habe die von der Beklagten betriebsweit angebotene Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages mit entsprechender Lohnkürzung nicht angenommen und die sich hieraus ergebende Vergütungsdifferenz zeitnah reklamiert. Zum anderen macht die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines anteiligen "Weihnachtsgeldes" für das Jahr 2004 geltend. Zur Begründung dieses Begehrens verweist sie auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB.

Durch Urteil vom 17.05.2005 (Bl. 77 ff.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der begehrten Vergütungsdifferenzen in Höhe von 542,08 € brutto sowie des anteiligen Weihnachtsgeldes in Höhe von 808,21 € brutto, zusammen 1.437,65 € brutto, nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, eine Vereinbarung über die angebotene Lohnkürzung sei nicht zustande gekommen. Auch wenn die Mehrzahl der Beschäftigten die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen akzeptiert habe, habe die - seinerzeit langfristig erkrankte - Klägerin weder das ihr zugesandte schriftliche Änderungsangebot angenommen, noch durch die nachfolgende widerspruchslose Aufnahme der Arbeit im August 2004 ihr Einverständnis mit der Änderung der Vertragsbedingungen erklärt. Allein der Umstand, dass die Klägerin erst sechs Wochen nach Wiederaufnahme der Arbeit die Lohndifferenz reklamiert habe, könne den Einwand der Verwirkung nicht begründen, da die Klägerin erst mit Zugang der Lohnabrechnung für den Monat August Kenntnis vom gekürzten Stundenlohn erhalten habe. Weiterhin stehe der Klägerin auch das begehrte anteilige Weihnachtsgeld zu. Dieser Anspruch ergebe sich aus der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Verbindung mit § 612 a BGB. Unstreitig habe die Beklagte allein denjenigen Arbeitnehmern, welche sich zuvor mit der Reduzierung ihrer Arbeitsvergütung einverstanden erklärt hatten, eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes angeboten. Hierin liege eine unzulässige Schlechterstellung der Klägerin gegenüber den übrigen Beschäftigten sowie zugleich ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB. Die Klägerin erhalte nämlich allein deshalb kein Weihnachtsgeld, weil sie nicht bereit gewesen sei, den bestehenden Arbeitsvertrag zu ihren Ungunsten abändern zu lassen.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten Berufung tritt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils entgegen und beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 17.05.2005 - 3 (2) Ca 252/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I

In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil stehen der Klägerin die mit der Klage verfolgten Lohndifferenzen für den Zeitraum August 2004 bis Januar 2005 zu. Die Kammer folgt in Ergebnis und Begründung den zutreffenden Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Beurteilung.

1. Im Zusammenhang mit der Zusendung des Arbeitsvertragsentwurfs an die seinerzeit erkrankte Klägerin ist eine Änderung des Arbeitsvertrages nicht zustande gekommen. Unstreitig hat die Klägerin eine Annahmeerklärung nicht - insbesondere nicht in schriftlicher Form (vgl. § 154 Abs. 2 BGB) - abgegeben. Allein das Schweigen der Klägerin auf den Vertragsantrag konnte eine Änderung des Arbeitsvertrages nicht bewirken.

2. Auch bei Wiederantritt der Arbeit im August 2004 ist eine Änderung des Arbeitsvertrages nicht zustande gekommen.

a) Das von der Beklagten übersandte Änderungsangebot war zu diesem Zeitpunkt gemäß § 147 Abs. 2 BGB bereits erloschen. Nach der genannten Vorschrift kann nämlich der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Allein der Umstand, dass die Klägerin bei Zugang des arbeitgeberseitigen Vertragsantrages aus Krankheitsgründen nicht im Betrieb tätig war, führt nicht dazu, dass das der Klägerin im Dezember 2001 unterbreitete Änderungsangebot noch im August 2004 angenommen werden konnte.

b) Indem die Klägerin im August 2004 sodann ihre Arbeit wieder aufnahm, ohne dass - wie die Beklagte vorträgt - in diesem Zusammenhang die Lohnhöhe Gesprächsgegenstand war, kann auch nicht von einem konkludenten klägerseitigen Vertragsantrag, gerichtet auf Herabsetzung der Arbeitsvergütung, ausgegangen werden. Selbst wenn der Klägerin der frühere Vertragsantrag der Beklagten noch erinnerlich und im Übrigen die Tatsache bekannt war, dass die meisten Beschäftigten sich mit der Herabsetzung ihres Lohnes einverstanden erklärt hatten, konnte doch aus Sicht der Beklagten nicht ohne weitere Anhaltspunkte angenommen werden, die Klägerin sei inzwischen anderen Sinnes geworden und wolle sich nachträglich der betrieblichen Mehrheitsmeinung anschließen. Vielmehr wäre es Sache der Beklagten gewesen, entsprechende Rückfrage zu halten, wie dies nach dem Vortrag der Klägerin auch tatsächlich - wenn auch ohne Einigung - erfolgt ist.

3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Voraussetzungen der Verwirkung verneint. Aus der Tatsache, dass die Klägerin auf den Vertragsantrag aus Dezember 2001 bis zur Wiederaufnahme ihrer Arbeit im August 2004 nicht reagiert hatte, konnte für die Beklagte kein Vertrauenstatbestand in dem Sinne entstehen, die Klägerin habe sich mit der beabsichtigten Lohnkürzung letztlich abgefunden. Da die Klägerin von sich aus auch keinen Anlass hatte, im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Arbeit im August 2004 die Frage der Lohnhöhe anzusprechen, erscheint der Standpunkt der Beklagten, schon aus der "widerspruchslosen" Erbringung der Arbeitsleistung bis zum Erhalt der ersten Lohnabrechnung sei auf ihrer Seite bereits ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand entstanden, welcher den Verwirkungseinwand begründe, als ausgesprochen fernliegend. Vielmehr ist festzuhalten, dass die Klägerin zeitnah zum Erhalt der Lohnabrechnung für den Monat August bei der Beklagten die Lohndifferenz reklamiert hat. Allein die Tatsache, dass bis zur Klageerhebung ein weiterer Zeitraum von fünf Monaten verstrichen war, konnte ohne weitere Anhaltspunkte keinen Vertrauenstatbestand in dem Sinne begründen, die Klägerin wolle von ihrer Reklamation ablassen und sich nunmehr doch endgültig mit der verordneten Lohnkürzung abfinden.

4. Gegen die Berechnung der Klageforderung sind Bedenken nicht zu erkennen.

II

In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil steht der Klägerin auch das anteilige Weihnachtsgeld für das Jahr 2004 zu.

1. Die Rechtsgrundlage für den verfolgten Anspruch ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz i.V.m. § 612 a BGB, wobei offen bleiben kann, ob § 612 a BGB als eigenständige Anspruchsgrundlage anzusehen ist oder ob im Fall eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB sich ein Erfüllungsanspruch auf Gleichbehandlung nach den Regeln des Gleichbehandlungsgrundsatzes ergibt (vgl. MünchKommBGB-Müller-Glöge, § 612 a BGB Rz 22 m.w.N.).

a) Unstreitig hat die Beklagte im Jahre 2003 nicht nur einzelnen Arbeitnehmern, sondern sämtlichen Beschäftigten, welche zuvor der Änderung ihres Arbeitsvertrages zugestimmt hatten, ein Angebot zum Abschluss einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag unterbreitet, welches für diesen Personenkreis die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2003 vorsieht. Mit einer Ausnahme ist das entsprechende Vertragsangebot von allen Angebotsempfängern gegengezeichnet worden. Die Klägerin sowie die weiteren Mitarbeiter, welche der vorangehenden Vertragsänderung nicht zugestimmt haben, haben ein solches Vertragsangebot nicht erhalten.

b) Indem die Beklagte eine entsprechende Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag allein dem vorbezeichneten Personenkreis angeboten und auf der Grundlage der Zusatzvereinbarung allein diesem eine entsprechende Leistung gewährt hat, hat sie im Ergebnis die vom Leistungsbezug ausgeschlossenen Arbeitnehmer im Sinne des § 612 a BGB benachteiligt.

Der rechtliche Begriff der Benachteiligung ist - abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch - wertneutral und umschreibt nur einen Vergleich unterschiedlicher Lagen; Rechtsfolgen knüpfen erst daran, ob es sich um eine sachlich zulässige oder unzulässige Benachteiligung handelt (MünchKommBGB-Müller-Glöge, a.a.O., Rz 15). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt weiter eine Benachteiligung im Sinne des § 612 a BGB nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, d.h. wenn sich seine Situation gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, welche der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, wenn diese entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben (BAG, Urteil vom 23.02.2000 - 10 AZR 1/99 - BAGE 94, 11 ff. - AP Nr. 80 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Dies gilt auch im Bereich freiwilliger Leistungen (BAG, Urteil vom 28.07.1992 - 1 AZR 87/92 - AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 123; ferner zur Erfolgsbeteiligung BAG, Urteil vom 12.06.2002 - 10 AZR 340/01 - AP Nr. 8 zu § 612 a BGB).

c) Der Ausschluss der Klägerin von der Gratifikationsleistung war nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt, vielmehr muss von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen vorangehender Rechtsausübung und Ausschluss von der Gratifikationsleistung und damit von einer Maßregelung im Sinne des Gesetzes ausgegangen werden.

(1) Die Klägerin hat in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt, als sie sich einer Herabsetzung ihrer Arbeitsvergütung und Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit widersetzte. Auch wenn die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einer entsprechenden Vertragsänderung zugestimmt hat, war sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, dies auch zu tun.

(2) Durch die Herausnahme gerade derjenigen Arbeitnehmer aus dem Kreis der Angebots- und Gratifikationsempfänger, welche in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt hatten, verstieß die Beklagte zum einen gegen den arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zugleich ergibt sich hieraus der Charakter der vorgenommenen Unterscheidung zwischen "änderungswilligen" und "-unwilligen" Arbeitnehmern als Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB. Die Weigerung, der angetragenen Vertragsänderung zuzustimmen, war nicht etwa bloß äußerer Anlass für die vorgenommene Unterscheidung, vielmehr war sie gerade wesentliches Motiv für die vorgenommene Differenzierung, ohne dass es darauf ankommt, dass es der Beklagten nicht um eine "Bestrafung" ging. Wie bereits ausgeführt, liegt auch in einer sachlich nicht gerechtfertigten Vorenthaltung von Vorteilen eine Maßregelung im Sinne des Gesetzes.

(3) Soweit die Beklagte demgegenüber ausführt, die Anwendung der Vorschrift des § 612 a BGB scheitere schon daran, dass es am Merkmal der "Rechtsausübung" fehle, überzeugt dies nicht. Der Umstand, dass die Klägerin die ihr angetragene Änderung ihres Arbeitsvertrages mit verschlechternden Arbeitsbedingungen nicht angenommen hat, lässt sich ohne weiteres als "Rechtsausübung" im Sinne des § 612 a BGB auffassen. Von einem solchen Verständnis ist auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 12.06.2002 ohne weiteres ausgegangen. Wenn es dort heißt, die dortige Klägerin habe in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt, als sie sich einer Verlängerung der vertraglichen Vereinbarungszeit widersetzte, so wird hiermit erkennbar nicht auf eine aktive Widerstandsleistung, sondern - wie sich aus dem nachfolgenden Satz der Entscheidungsgründe ergibt - allein daran angeknüpft, dass die dortige Klägerin der Arbeitszeitverlängerung nicht zugestimmt hat, wozu sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet gewesen sei.

(4) Ebenso wenig kann der Beklagten darin gefolgt werden, es fehle an einer "benachteiligenden Maßnahme" im Sinne des § 612 a BGB. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich eine solche schon - unabhängig von Motivation und sachlichem Grund - aus dem Vergleich zwischen dem Kreis der begünstigten und nichtbegünstigten Arbeitnehmer. Die Klägerin hat kein Vertragsangebot und dementsprechend kein Weihnachtsgeld erhalten und befindet sich damit in einer ungünstigeren Lage als die Weihnachtsgeldempfänger.

(5) Die festgestellte Ungleichbehandlung und Maßregelung derjenigen Arbeitnehmer, welche der angetragenen Vertragsänderung nicht zugestimmt haben, kann auch nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, diese diene der Kompensation erlittener Verdiensteinbußen. Weder kann der vorgetragene Gedanke der "Kompensation" die festgestellte Ungleichbehandlung rechtfertigen, noch wird hierdurch der Maßregelungscharakter der vorgenommenen Differenzierung in Frage gestellt. Als "Kompensationsleistung", welche in sachlich gerechtfertigter Weise eine bestehende Ungleichbehandlung nachträglich korrigieren soll, kann nämlich nur die Gewährung solcher Leistungen gesehen werden, welche gleiche oder zumindest gleichartige Leistungen betreffen. Nicht anders als beim "Günstigkeitsvergleich" bei der Anwendung des § 4 Abs. 3 TVG lässt sich auch im Rahmen der Beurteilung, inwiefern eine unterschiedliche Gewährung von Arbeitgeberleistungen eine bestehende Ungleichheit kompensiert oder aber in Bezug auf andere vertragliche Regelungskomplexe eine neue Ungleichbehandlung begründet, nur im Rahmen eines Sachgruppenvergleichs erfolgen. Würde etwa die Beklagte denjenigen Arbeitnehmern, welche sich mit einer Lohnkürzung einverstanden erklärt haben, als Kompensationsleistung zusätzliche Urlaubstage gewähren, so wäre dies ersichtlich zum Ausgleich des geringeren Arbeitseinkommens ungeeignet. Berücksichtigt man vielmehr, dass die im Betrieb bestehende Ungleichheit die Frage der Lohnhöhe betrifft, so käme als Kompensationsleistung zur Abmilderung der bestehenden Ungleichheit allein ein Ausgleich auf dem Gebiet des Arbeitsentgelts im Sinne der Gegenleistung für die erbrachte Arbeit in Betracht. Demgegenüber liefe es auf einen Verzicht an Rechtskontrolle am Maßstab von Gleichbehandlungsgrundsatz und Maßregelungsverbot hinaus, wenn jedwede Differenzierung auf ein noch soweit gefasstes Kompensationsmotiv gestützt werden könnte.

Vorliegend hat die Beklagte denjenigen Arbeitnehmern, welche sich mit einer Reduzierung der Vergütung einverstanden erklärt haben, eine Gratifikationsleistung gewährt, welche zum einen - wie sich aus der vorgesehenen Stichtags- und Rückzahlungsklausel ergibt - die vergangene Betriebstreue honorieren sowie einen Anreiz für das Verbleiben im Betrieb begründen soll. Daneben ergibt sich aus der Staffelung der Anspruchshöhe nach Anzahl der Krankheitstage, dass zugleich auch die Anwesenheit des Arbeitnehmers honoriert wird. Auch wenn die so bestimmte Sonderzahlung unter den aufgeführten Voraussetzungen letztlich zu einer Erhöhung der Gesamtjahresbezüge führt, zeigt sich doch unter Berücksichtigung der genannten Anspruchsvoraussetzungen, dass es sich hierbei nicht um eine laufend (zeitanteilig) verdiente und allein hinsichtlich der Fälligkeit an das Weihnachtsfest gebundene Gegenleistung für die erbrachte Arbeit handelt. Während für den begünstigten Personenkreis ein Anreiz zur Vermeidung von Krankheitstagen und zur Betriebstreue geschaffen wird, können diejenigen Arbeitnehmer, welche in der Vergangenheit der Vertragsänderung nicht zugestimmt haben, eine entsprechende Leistung trotz Betriebstreue und gesundheitsbewusster Lebensführung nicht erreichen.

(6) Soweit die Beklagte schließlich darauf verweist, im Betrieb existierten nunmehr zwei verschiedene Vergütungssysteme, jeder Beschäftigte könne allein verlangen, Leistungen nach dem für ihn maßgeblichen Vergütungssystem gewährt zu erhalten, trifft auch dieser Einwand nicht zu. Die Beklagte hat sich nicht darauf beschränkt, ihren Beschäftigten die jeweils vertraglich versprochene Leistung zu gewähren. Für diesen Fall wäre in der Tat ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verneinen, da sich dieser auf Fall-Gestaltungen beschränkt, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer außerhalb rechtlicher Bindungen "behandelt". Allein die Erfüllung unterschiedlicher Rechtsansprüche kann einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht begründen. Die maßgebliche Ungleichbehandlung liegt jedoch darin, dass die Beklagte allein einem Teil der Beschäftigten ein entsprechendes Vertragsangebot unterbreitet und hierbei darauf abgestellt hat, dass nur für diejenigen Personen ein Anspruch auf Weihnachtsgeld begründet werden sollte, welche der früher angetragenen Vertragsänderung zugestimmt hatten. Dass hierin kein zulässiges Differenzierungskriterium liegt, hat das Bundesarbeitsgericht in der bereits zitierten Entscheidung zur Erfolgsbeteiligung (AP Nr. 8 zu § 612 a BGB) überzeugend ausgeführt. Für die hier gewährte Weihnachtsgeldzahlung gilt nichts anderes. Dementsprechend kann die Klägerin wie die übrigen begünstigten Beschäftigten für das Jahr 2003 eine entsprechende Zahlung beanspruchen.

III

Zinsen stehen der Klägerin in gesetzlicher Höhe unter dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit zu.

IV

Die Kosten der erfolglosen Berufung hat die Beklagte zu tragen.

V

Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen, soweit es den verfolgten Weihnachtsgeldanspruch betrifft. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor.

Ende der Entscheidung

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